Berge in Sicht – 

Zu Edith von Klitzings Berg-Serie

 

Das Anliegen einer Serie ist es, eine bestimmte Farb- oder Formkonstellation oder ein Motiv künstlerisch gewissermaßen durchzudeklinieren, um auf diese Weise eine Varietät von Ausdruckswerten zu gewinnen. Weil Form immer auch Inhalt ist, sind die Teile einer guten Serie im Ergebnis weitaus mehr als nur Studien oder Variationen der Ausgangskomposition, weil das gründliche Ausschreiten des selbstgewählten Kosmos vielfach neue Wege und Räume eröffnet.

Wie auch die Berg-Serie Edith von Klitzings zeigt, vermag die Künstlerin aus der thematischen und formalen Konzentration auf eine Bergsilhouette einen beeindruckenden Reichtum an Landschaftsbildern mit sehr unterschiedlichen Ausdruckswerten zu gewinnen: Sie reichen von zarter atmosphärischer Transparenz  - man denkt dabei etwa an dunstige Sommermorgen - über die kühl-frischen Blätter in Türkis und hellem Blau oder die Herbstfarben von „Fluchtpunkt am Gardasee“ bis zu den stärker farbigen, expressiv-kontrastreichen, dunklen Bergwelten.

Als ein weiteres gemeinsames Moment der Serie fungiert die Einbeziehung von Seidenpapier. Das die Oberflächen strukturierende und den Bildraum dynamisierende Material wird sichtbar präsentiert; es ist teilweise oder komplett übermalt und wirkt zuweilen wie eine fast schon kristallin wirkende eigene Gesteinsschicht zwischen Fläche und Raum.    

Die poetischen Titel wie „Ein Berg breitet sich aus“, „Tibet – Mein Berg“, „Der Zauberberg“, „Ich denke an einen Ausflug“ oder eben „Fluchtpunkt am Gardasee“ lassen erkennen, dass die einzelnen Berglandschaften ein weites Feld von Assoziationen aufrufen und eröffnen. Nicht eine bestimmte konkrete Landschaft bildete hierbei den Ausgangs- oder Zielpunkt, sondern die Absicht, anhand eines bekannten Bildschemas, der Bergkulisse, eigenes Erleben mit seinen diversen Befindlichkeiten vielschichtig zu visualisieren. Das Konzept ist aufgegangen und man darf gespannt sein auf den Fortgang dieser Serie.    

 

Dr. Annette Dorgerloh                                                                                                                                                                          Berlin im Januar 2015

 

 

Annette Dorgerloh (PD Dr. phil.), geboren 1961 in Magdeburg, studierte Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Kulturtheorie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie ist Privatdozentin am dortigen Institut für Kunst- und Bildgeschichte und arbeitet darüber hinaus als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sonderforschungsbereich 644 »Transformationen der Antike« mit einem Projekt zur Herausbildung des Englischen Gartens.